Politik


Energiewende – Umdenken ist angesagt

8. August 2012 - Klima- und Ressourcenschutz geht vor Denkmalschutz

Der Energiebericht der Stadtwerke – vorgestellt im Februar 2012 in der Sitzung des Stadtrats – hat noch einmal deutlich gemacht, dass es Neustadt mit der derzeit vorhandenen Technologie nicht möglich sein wird, seinen Energiebedarf autark zu decken. Trotzdem bedarf es aller Anstrengungen, so viel wie möglich Energie vor Ort zu erzeugen. Des Weiteren ist es Ziel der Landesregierung, den Anteil von Solarstrom bis zum Jahr 2020 auf 2 Milliarden Kilowattstunden zu verdreifachen.
Das bringt aber wiederum bei potenziellen Betreibern Probleme mit sich. So ist es zum Beispiel auf vielen Häusern nicht möglich, Solar- oder Fotovoltaik-Anlagen zu installieren, weil der Denkmalschutz ein Veto einlegt.
Hier ist dringend ein Umdenken notwendig. Auch denkmalgeschützte Häuser müssen sich weiterentwickeln können. Denkmalgeschützte Häuser sind keine Museen! Fotovoltaik-Anlagen ändern lediglich das Aussehen der Dächer, der Charakter des Hauses und des Grundstücks bleibt erhalten. Dass sich Photovoltaik und Denkmalschutz vertragen, wird bundesweit in vielen Objekten bewiesen. In Rheinland-Pfalz schiebt der Denkmalschutz einen Riegel davor.
Beim Denkmalschutz wird auch oft vergessen, dass die Gebäude in den meisten Fällen schon gar nicht mehr so aussehen, wie zu ihrer Bauzeit. So erfreuen die oftmals vom Denkmalschutz vorgeschriebene farbliche Gestaltung zwar unsere Augen, weiße Farbe oder braune Holzbalken gab es im Mittelalter sicher noch nicht, die Häuser haben sich also auch schon bisher weiterentwickelt.
Und ein weiteres Problem wird auf die Besitzer denkmalgeschützter Häuser zukommen. Auch diese Gebäude müssen ihren Energieverbrauch senken. Dämmmaßnahmen an Wänden sind innen und außen nur schwer durchführbar, mit Sonnentechnik auf dem Dach lassen sich die Ziele am ehesten verwirklichen.
Der Denkmalschutz muss sich aus dieser Sackgasse mit offensiven Maßnahmen herausbegeben. Zurzeit gibt es noch keine Anlagen, die dem Denkmalschutz gerecht werden. Die Industrie wird diese entwickeln, wenn die Hersteller sich darauf verlassen können, dass diese Module zukünftig flächendeckend eingesetzt werden dürfen. Ganz nebenbei wäre es ein zusätzlicher Anreiz für die derzeit darbende Industrie.
Wenn die Denkmalschützer ihre Aufgabe ernst nehmen und „ihre“ Objekte der Nachwelt erhalten wollen, müssen sie ihre Toleranzschwelle umgehend ändern. Die Energiepreise werden weiter steigen, der Klimawandel wartet nicht. Häuser mit einer ineffektiven Energiebilanz werden sich zukünftig nicht mehr vermieten oder verkaufen lassen und verfallen, Beispiele davon gibt es auch in Neustadt jetzt schon genug. Der Denkmalschutz erzielt einen Pyrrhussieg. Umdenken – und zwar schnell

Zu diesem Thema habe ich am 20. August 2012 auch die Rheinland-Pfälzische Umweltministerin Evelyn Lemke angeschrieben:
Das Schreiben im Wortlaut:
Sehr geehrte Frau Lemke,
unser Bundesland hat die Absicht, bis 2030 den in Rheinland-Pfalz verbrauchten Strom bilanziell zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Das ist sicher ein ehrgeiziges Ziel und es müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, um das Ziel zu erreichen.
Obwohl die Anreize durch Kürzung der Förderung geringer wurden, gibt es immer noch Eigentümer, die sich der Verantwortung nicht entziehen und in Solaranlagen investieren wollen. Dazu dürfen ihnen aber auch von staatlicher Seite z. B. durch den Denkmalschutz möglichst keine Auflagen gemacht werden. In Duttweiler dürfen auch in größerer Entfernung zu denkmalgeschützten Häusern keine Solarpanels installiert werden. Diese restriktive Haltung des Denkmalschutzes verärgert die Bürger, die in die Umwelt investieren wollen. Eine Lockerung des Gesetzes ist demnach angebracht.
Dadurch kann es darüber hinaus auch für die Solarindustrie neue Anreize zum Entwickeln von Solarmodulen geben, die im Einklang mit dem Denkmalschutz stehen, wenn von der konsequenten Verweigerungshaltung abgerückt wird.
Bitte teilen Sie mir mit, ob die Landesregierung wegen dieses Sachverhalts schon aktiv ist, bzw. ob eine Änderung des Denkmalschutzgesetzes geplant ist.

Am 12. Oktober 2012 hat die Ministerin geantwortet:
Sehr geehrter Herr Syring-Lingenfelder,
für Ihr Schreiben vom 20.08.2012, in dem Sie auf die Vereinbarkeit der Nutzung erneuerbarer Energien mit dem Denkmalschutz hinweisen, danke ich Ihnen.
Bei der Abwägung der Interessen des Denkmalschutzes zum Schutz von Kulturdenkmälern und den Interessen der Gebäudeeigentümer an der Nutzung erneuerbarer Energien kommt es immer wieder zu unterschiedlichen Bewertungen zur Zulässigkeit insbesondere bei Photovoltaikanlagen.
Die rheinland?pfälzische Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung den Denkmalschutz weiterentwickeln und ihn durch Veränderungen in rechtlichen Bestimmungen stärker mit den Zielen einer ökologisch orientierten regenerativen Energieversorgung zu verknüpfen.
lm Denkmalschutzgesetz soll hierzu die Möglichkeit der Abwägung zwischen Belangen des Klimaschutzes und des Denkmalschutzes gestärkt werden.
Gleichzeitig ist es allerdings, wie von Ihnen erwähnt, auch notwendig, dass Planer und Solarindustrie lernen, Photovoltaikanlagen besser in die Ortsbilder zu integrieren.
Durch die Förderung des Kompetenzzentrums Solararchitektur bei der Architektenkammer Rheinland-Pfalz unterstütze ich dieses Anliegen. Bei der 4. Tagung Solararchitektur vor wenigen Tagen in Mainz wurden zahlreiche kreative Ideen zu Material und Gestaltung vorgestellt. Auch dadurch kann eine bessere Akzeptanz der Solartechnik erreicht werden.